Wednesday, November 7, 2012

Arbeiten für ein Lächeln *




Die Arbeit von SIMABO in Kap Verde ist wie ein Tropfen in einem Ozean – ein Ozean von Problemen, leidenden Tieren und Krankheiten. In der Arbeit ist man oftmals nah an Ohnmacht und Resignation.


Hunderte von Augenpaaren, die hoffnungsvoll, traurig und resigniert dreinblicken, wartend darauf, liebevoll gestreichelt zu werden. Hunde streunen auf der Suche nach Futter durch die Straßen von Mindelo wie Schatten, die niemand sieht. Es ist beeindruckend zu sehen, wie sie allein an einer Ecke sitzen bleiben und voller Respekt auf ein Stückchen Brot warten.

Inmitten all dem ist SIMABO, was auf Kreolisch „so wie du“ bedeutet, aktiv. Denn diese Lebewesen brauchen Liebe, Nahrung und Pflege genauso wie wir. 




Silvia und Paolo haben SIMABO mit viel Mut in Mindelo gegründet. Sie beide vollbringen Wunder, zusammen mit all den Personen, die jeden Tag mit ihnen arbeiten, all den Helfern, die sich freiwillig dazu entschieden haben, zu helfen, so wie auch ich mich entschieden habe, zu helfen. Die Hilfe dieser Menschen ist unerlässlich und von großer Bedeutung. Es sind Menschen wie Susan, die jeden Tag mit großer Geduld und Liebe mit allen Hunden auf den Straßen Mindelos spazieren ging, zusammen mit meinen Kindern Richard und Scarlett. Ich werde niemals den Ausdruck in den Augen der Hunde vergessen, wenn sie Susan mit der Leine kommen sahen!

Meine Erfahrung in drei Worten: traumatisch, erhellend, tiefgründig.


Traumatisch, weil wir unsere ganze Energie aufbringen mussten, um die Dutzenden von tierischen Patienten mit sehr begrenzten Ressourcen klinisch und chirurgisch zu versorgen. Hilfen zur Diagnosestellung gab es nicht: wir konnten nur unseren Händen vertrauen, unseren Augen, Nasen und der Erfahrung, die wir haben. Auf diese Weise konnten wir Leben retten.

Erhellend, denn dadurch dass wir diese Einschränkungen erlebt haben, wissen wir Dinge noch mehr zu schätzen – Dinge die wir vorher als selbstverständlich betrachtet haben, z.B. Wasser aus dem Wasserhahn, die aber in Wirklichkeit ein großes Glück sind. Arzneimittel, Reinigung und Achtung der Rechte von Tieren sind in Italien ganz normal. Leider sind diese Dinge nicht normal auf Kap Verde.




Tiefgründig, weil wir für ein Lächeln arbeiten – das Lächeln jedes der Dutzende von Kindern, die jeden Tag an der Tür von SIMABO warten, um ihre Hunde zu besuchen. Dies ist mehr als Arbeit, es ist Freiheit – die Freiheit einem Kind sein Lächeln wieder zu schenken, ein Lächeln aus unberührtem Herzen.

Im Folgenden eines der vielen Erlebnisse während meines Aufenthaltes, das es verdient, erzählt zu werden:

Am zweiten Tag unseres Aufenthalts war eine mittelgroße Hündin unser Patient. Sie schien von einem Auto angefahren zu sein und hatte Wunden am ganzen Körper, ein gebrochenes Vorderbein und litt offensichtlich an Schmerzen. Sie jaulte ohne Unterbrechung. Bei der Untersuchung wurde uns schnell klar, dass sie Jungen haben musste, da sie Milch hatte und es andere Anzeichen gab. Wir vermuteten, dass sie ihre Jungen versteckt hielt, während sie sich auf die Suche nach Futter gemacht hatte, und dann angefahren wurde. 


Im Laufe der Zeit merkten wir, dass unsere Intuition richtig zu sein schien: die Hündin versuchte immer wieder, loszulaufen, obwohl sie ein gebrochenes Bein hatte. Wir taten also, was sie wollte und ließen sie langsam loslaufen, damit sie uns zu ihren Welpen führen konnte. Allerdings konnte sie nicht mehr als ein paar Schritte tun. Ich habe noch nie so viel Traurigkeit in den Augen eines Tieres gesehen: sie hatte sich in einer Ecke zusammengekrümmt hingelegt, wie ein totes Tier, trotz Schmerzmitteln, Fürsorge und Zuneigung. Doch am dritten Tag hörten wir plötzlich Geräusche aus ihrem Käfig. Unsere Hündin bellte und schlug gegen die Käfigür, trotz der Schmerzen in ihrem gebrochenen Bein. Wir öffneten ihre Käfigtür und sie schleppte sich bis zur Eingangstür, in Richtung all der Personen, die dort auf unsere Hilfe warteten. Wie wir jetzt sahen, befanden sich unter ihnen auch zwei Kinder, die je zwei Welpen in ihren Händen hielten. Es waren die Welpen unserer Hündin! Die Kinder hatten die Welpen gefunden und zu SIMABO gebracht, da sie nicht wussten, was sie mit ihnen tun sollten und unsere Hündin hatte sie dort aus mehreren Metern Abstand erkannt. Sofort nahm sie die Welpen an sich, trotz der Schwierigkeiten mit ihrem gebrochenen Bein. Sie leckte ihre Welpen sorgfältig und legte sich hin, um sie zu füttern.



Es waren fünfzehn intensive Tage, mit außergewöhnlichen Menschen, die ihr Leben widmen, um zu versuchen zu helfen und die Situation zu verändern -  eine Situation, die so schwierig ist, dass sie fast unglaublich wirkt, aber dennoch sehr real ist.  Doch in der kurzen Zeit, die ich in Mindelo verbrachte, erkannte ich, dass eine Änderung der Situation nicht unmöglich ist. Mit genug Hilfe kann eine Menge getan werden.

Der Weg, den wir genommen haben, ist für uns zweifellos der richtige.  Es bleibt die Hoffnung, dass es eines Tages eine Veränderung geben wird. Tag für Tag erneuert sich das Gefühl der Kinder in Bezug auf Ihr Haustier und zeigt konkret, dass alle Tiere so behandelt werden können, dass ihnen ein würdevolles Leben neben Menschen gewährleistet werden kann. Danke dafür, SIMABÔ.



Ein Dankeschön auch an Almo Nature, die mir die Möglichkeit gegeben hat Dr. Rossana Raineri personlich kennen zu lernen. Sie hat vor Ort mit großem Engagement, Professionalität und Erfahrung die therapeutischen Protokolle etabliert, die die Arbeit der freiwilligen Tierärzte leitet. Diese Protokolle wurden den örtlichen Bedingungen auf Mindelo angepasst.



Ein besonderer Dank an meine Kinder, die während dieser Erfahrung sehr mutig und mir oft die Kraft weiter zu kämpfen gegen haben.

Ciao Ben Ten, ciao To Jo, ciao Biondo, ciao Alux, ciao Diana, ciao Beach, ciao Mirandigna, ciao Manka.

Grüße an Ben Ten, an To Jo, an Biondo, an Alux, an Diana, an Beach, an Mirandigna und an Manka. Grüße an euch alle und die anderen. Ihr seid in unseren Herzen. 



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